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This article was published in a revised version in November 2000 by the Biotechnologie-Agentur (BTA), an agency of the State of Baden-Wuerttemberg, Stuttgart, Germany. All rights belong to the BTA.


Japan: Aufbruch zum Weltmarkt

by Armin Rump, August 22, 2000

"Friss oder stirb" heisst die Devise unter den japanischen Pharmaherstellern: Die Industrie muss die derzeitige biotechnologische Revolution nutzen, muss Spitzentechnologie aquirieren und entwickeln, muss global werden, um zu ueberleben. Und die Offensive hat begonnen.

Auf dem stark regulierten und protektionierten japanischen Inlandsmarkt wuchsen in den 70er Jahren mehrere Allround-Pharmaunternehmen heran, die Generika westlicher Medikamente produzierten und verkauften. Grosszuegige Rueckerstattungen fuer Medikamente durch die japanische nationale Gesundheitsversicherung und die grosse Menge verschriebener Medikamente - Japaner nehmen pro Kopf doppelt so viele Medikamente ein wie Europaer oder Amerikaner - machten der Markt auch fuer Grossbrauereien und andere Unternehmen aus der Lebensmittlebranche attraktiv. Forschungslabors wurden gebaut, eigene originelle Produkte entwickelt. Stimmen nach Schutz der Erfindungen wurden laut und fuehrten 1993 zur Angleichung des Patentrechtes auf internationalen Standard (im Rahmen des GATT).

Die Forschungslandschaft entwickelte sich aehnlich: In der Vergangenheit war ein Forschungsaufenthalt in den USA ein muss fuer eine akademische Karriere in Japan. Junge japanische Forscher wrikten mit an der Entwicklung rekombinanter DNA-Technologie in Kalifornien in den 80er Jahren. Sie brachten ihr Wissen mit an die Universitaeten Japans. Heute stehen namhafte japanische Universitaeten - staatlich wie privat - ihren europeaischen Gegenstuecken in der Forschung um nichts nach, wie man an der Zahl und Qualitaet der wissenschaftlichen Publikationen ablesen kann.

In Japan gibt es kein zentrales Organ, das aehnlich der Max-Planck-Gesellschaft oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft die nationale Forschung lenkt. Stattdessen spaltet sich die Kompetenz auf mehrere Ministerien auf, die jeweils unabhaengig voneinander Gelder bereitstellen und eigene Forschungsinstitute betreiben. Biologische Forschung betreiben unter anderem das Agrar-, Gesundheits-, Industrie- und Erziehungs- und Wissenschaftsministerium. Jedes Ministerium gibt Gelder als Grants an einzelne Professoren, betreibt eigene Institute zur Grundlagenforschung, und uterstuetzt auch halbkommerzielle Forschungsinstitute, in denen in Zusammenarbeit mit der Industrie anwendungsorientierte Grundlagenforschung betrieben wird. Diese halbkommerziellen Forschungsinstitute spielen eine wichtige Rolle im Transfer von Wissen und Technologie von den Universitaeten zu den Firmen, die als Mitinvestoren an den Instituten teilhaben.

Waehrend Grossunternehmen gut funktionierende Kanaele zur Akademischen Forschung offenstehen, wurde der Technologietransfer zu Kleinunternehmen bis in juengster Zeit von der Gesetzgebung stark behindert. So durften Beamte, und damit Professoren, keine entgeltliche Zweittaetigkeit annehmen. Revision ensprechender Gesetze sowie der "Big Bang", die Liberalisierung des Finanzwesens, im Oktober 1999, bereinigten diese Maengel. Venture Capital floss ploetzlich aus allen Quellen, waehrend es an Startup-Unternehmen und Investoren, die die Technologie beurteilen konnten, mangelte. Die Seifenblase platzte mit dem Absturz der amerikanischen Boersenkurse im Maerz 2000.

Der japanische Pharma-Markt, mit 5,84 exp 12 Yen (1998) der zweitgroesste nach den US und so gross wie der deutsche, englische und franzoesische gemeinsam, schrumpfte letztes Jahr um 7%. Grund ist der Verfall der Medikamentenpreise. Dazu kommt, dass auslaendische Hersteller zunehmend und mit Erfolg auf den japanischen Markt draengen. Den Japanern bleibt nur die Flucht nach vorn: Auf den europaeischen und amerikanischen Markt. Deshalb sind die Unternehmen dabei, sich unzustrukturieren, Kernkompetenzen zu definieren und Technologiefuehrerschaft auf diesem Gebiet zu erkaempfen.

Von "global players" kann man bei japanischen Pharmaunternehmen noch nicht sprechen, aber eine Bewegung in diese Richtung laesst sich licht erkennen: Alle grossen Unternehmen besitzen bereits Forschungslabors und Niederlassungen oder joint ventures in Uebersee. Vereinbarungen der International Converence on Harmonization (ICH) erleichtern heute die Verwendung klinischer Daten aus dem Ausland fuer Medikamentenzulasungen in Japan. Deshalb lassen verlegen immer mehr japanische Unternehmen ihre klinischen Studien ins Ausland, lassen neue Medikamente zunaechst in den USA oder Europa zu, und hinterher erst in Japan. Grosses Interesse besteht an Kooperationen und Investitionen in High-Tech-Unternehmen im "Westen": Laut einer Industrieumfrage der japanischen Aussenhandelsorganisation JETRO gilt Technologiestaerke des auslaendischen Partners als wichtigstes Kooperationsmotiv. Von insgesamt knapp 1200 Unternehmenskooperationen (Joint Venture und Technologiekooperationen) im Jahre 1999 entfielen 50% auf die USA, 23% auf Europa und nur 21% auf Asien. In der Biotechnologie duerfe dieser Trend zur technisch fuehrenden Laendern noch staerker sein.

Die Entzifferung des menschlichen Erbgutes durch die amerikanische Firma Celera im Juli diesen Jahres machte den letzten noch zoegernden Politikern klar, dass es eines nationalen Kraftaktes bedarf, um in der Schluesselindustrie Biotechnologie ueberhaupt noch ein Wort mitreden zu koennen. Nun endlich sind alle Muehlen am mahlen.

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Updated Jan.3, 2001 by Armin Rump